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Einzigartige Rezession mit Folgen weit über 2020 hinaus                                                                                                                                                                      07.04.2020 

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Punktprognosen sind bei diesem «Black Swan»-Ereignis zwar unsinnig, jedoch zeichnen sich etliche Folgen der Corona-Krise schon heute sehr deutlich ab, die weit über 2020 hinaus wirksam bleiben, ebenso wie die Einzigartigkeit dieser angelaufenen globalen Rezession:

In den vergangenen Wochen haben die Corona-bedingten Quarantänemassnahmen enorme Schäden an Konjunktur und an den Märkten verursacht. Die Regierungen der Industrieländer verfolgen den Ansatz «Gesundheit vor Wirtschaft», sodass mittlerweile in unterschiedlich rigider Form das öffentliche Leben zum Stillstand gebracht worden ist und die Volkswirtschaften nun in einer tiefen Rezession stecken. Doch es ist keine «normale» Rezession. Dieser Wirtschaftseinbruch ist in vieler Hinsicht einzigartig: (1) Es ist zugleich ein Angebots- und ein Nachfrageschock. Aufgrund der ursprünglich von China ausgegangenen Unterbrechung der globalen Lieferketten stockt seit Februar die Produktion des Güterangebots. Noch gravierendere Auswirkungen haben aber die Schliessungen ganzer Gewerbezweige sowie die Ausgangsbeschränkungen, die den Wirtschaftsverlauf sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite, sprich Konsum- und Investitionsnachfrage, massiv beeinträchtigen. (2) Durch die auferlegten Quarantänemassnahmen ist es gewissermassen eine «angeordnete» Rezession. (3) Die Rezession ist schlagartig und rasant wie nie zuvor über die globalen Volkswirtschaften hereingebrochen und befällt dabei fast zeitgleich alle Regionen auf der Welt. (4) Diese Rezession ist nicht aus einem ökonomischen Ungleichgewicht entstanden, wie damals 2008/2009 infolge einer übermässigen Kreditvergabe, sondern trifft unvermittelt nahezu alle Sektoren der Wirtschaft. (5) Einzigartig ist auch die Reaktion der Regierungen und Notenbanken auf den wirtschaftlichen Einbruch: Deren «Was immer nötig ist!» ist in der Schnelligkeit und inhaltlichen Überzeugung ebenfalls noch nie dagewesen. Bei aller Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Neuinfektionen und über den Zeitpfad der Wiederherstellung des öffentlichen Lebens sowie das Hochfahren der Wirtschaftsleistung rechnen wir nicht mit einer weltwirt­schaftlichen Depression à la Japan, sondern mit einer spürbaren Erholung im zweiten Halbjahr. Noch sind allerdings Beginn und Schwung dieser Erholung völlig ungewiss.

 

Die Finanzmärkte haben zwar den ersten Schock überwunden und die tiefe Rezession eingepreist, aber in den kommenden Wochen wird es weiterhin noch viele Gründe für ungewöhnlich hohe Schwankungen geben. So könnten sowohl die Veröffentlichungen massiv einbrechender Einkaufsmanagerindizes (zumindest im April) als auch historische BIP-Rückgänge im 2. Quartal von rund 10% in Europa und noch schärferen in den USA die Märkte doch noch einmal irritieren. In den USA dürfte es anschliessend aber auch wieder zu einer kräftigeren Gegenbewegung kommen mit dem Resultat, dass im Gesamtjahr 2020 der BIP-Rückgang wohl weniger ausgeprägt ausfallen wird als bei den europäischen Staaten.

Einzigartig werden auch die weit über 2020 hinausgehenden Folgen dieser globalen Rezession sein:

  1. Sehr langfristig werden wir es mit einer dramatisch steigenden Staatsverschuldung zu tun haben. So werden die umfangreichen Fiskalpakete bis zu einem BIP von 10% (Deutschland und die USA; Schweiz rund 6%) zur Rettung von Unternehmen und Vermeidung von Massenarbeitslosigkeit dazu führen, dass die Staats­aus­gaben massiv ansteigen werden. Gleichzeitig brechen Steuereinnahmen weg infolge steigender Konkurse und Arbeitslosenzahlen resp. einer insgesamt fallenden Wirtschaftsleistung. Die Folge sind massiv höhere Neuverschuldungs­zahlen, die den (Alt-)Staatsschuldenstand erneut drastisch erhöhen werden. Letzterer wird in den nächsten Jahren kaum wieder auf sein Vor-Corona-Niveau abgebaut werden können.

  2. Sehr langfristig werden wir es auch mit historisch ausgeweiteten Notenbank­bilanzen zu tun haben. Blickt man auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurück, dann hat es rund zehn Jahre gedauert, bis das Fed überhaupt damit begann, seine Bilanzsumme abzubauen. Auch wenn diesmal eine schnellere Wirtschaftserholung als nach der Finanzkrise gelingt, werden die Notenbanker Rücksicht auf Realwirtschaft und Kapitalmärkte nehmen und keine wesentlich schnellere Rückführung ihrer Bilanzen vornehmen.

  3. Steigende Arbeitslosenzahlen und Unternehmenskonkurse: Angesichts der Möglichkeit von Kurzarbeitergeld in etlichen europäischen Staaten wie der Schweiz und Deutschland, werden die Arbeitslosenzahlen hier zunächst nur moderat steigen. Wie dies nach Ablauf der Frist von Kurzarbeitergeld und Firmen-Überbrückungs­krediten ausschaut, wird von Beginn und Ausmass der anschlies­sen­den Wirtschaftserholung abhängen. In jedem Fall wird es Ende 2020 aber weit mehr Arbeitslose und Konkurse geben als in den Vorjahren. In den USA und einigen südeuropäischen Staaten muss hingegen schon kurzfristig mit einem massiv starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen gerechnet werden, da es dort die Möglichkeit von Kurzarbeitergeld nicht gibt. Bereits im April dürfte die US-Arbeitslosenquote wohl von 4.4% (Vormonat: 3.5%) auf rund 10% hochschnellen – und damit auf das Finanzkrisen-Niveau. Ende des 2. Quartals könnte die Rate gar bei 15% liegen, so ein Fed-Governor. Nach Überwinden der Corona-Krise und des wirtschaftlichen Shutdowns dürften aber sowohl die amerikanischen Industrie- als auch Dienstleistungsbetriebe ihre Wirtschaftsaktivitäten wieder rasch hochfahren mit der Folge, dass die Arbeitslosenraten zügig zurückkommen. Aber auch in den USA wird es gegen Jahresende deutlich mehr Unternehmenskonkurse und Arbeitslose geben als in den Vorjahren.

  4. Der ohnehin kaum vorhandene Preisanstieg dürfte sich in den Industrieländern weiter verlangsamen, kurzfristig noch einmal akzentuiert durch den Energiepreis­verfall. In vielen europäischen Staaten werden die Inflationsraten unter die 0%-Marke sinken. Wie schnell dieses Deflationsniveau wieder verlassen werden kann, wird insbesondere vom Zeitpunkt und von der Stärke der Konsumerholung abhängen. Rund 50% der Schweizer konsumieren derzeit – laut jüngsten Umfragen - weit weniger als vor der Corona-Krise, insbesondere auf grössere Anschaffungen wird verzichtet.

 

Ganz klar hätte eine Depression katastrophale Folgen auch für die Finanzmärkte. Allerdings erachten wir das Risiko, dass es durch Corona zu einem globalen Depressions-Szenario à la Japan kommt (inklusive einer dauerhaft sehr hohen Staatsverschuldung, dauerhaften Deflation und 0%-Zinspolitik), als gering ein. Denn ganz anders als in Japan der 80er Jahre wurden heute überall sehr zeitnah und historisch einmalige Hilfsmassnahmen von Regierungen und Notenbanken gegen so ein Risiko-Szenario lanciert.

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