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China: Erstaunliche Aktienperformance nicht wiederholbar 21.07.2020
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Der Shanghai-Index (SSE Composite) – der wichtigste Aktienindex in China ex Hongkong, in dem internationale Privatinvestoren unbegrenzt in B-Shares (in USD) investieren können – weist im Ländervergleich eine Performance von rund 25% seit dem Börsencrash im März auf, der sich im Fall des Index lediglich auf relativ moderate Minus18% belief. Damit notiert er höher als zu Jahresanfang und so hoch wie seit Anfang 2018 nicht mehr. Erst in den letzten 10 Handelstagen kam es – und auch nur vorübergehend – zu einem gewissen Kursdruck infolge der Sanktionen westlicher Staaten gegenüber Hongkong nach Verabschiedung des umstrittenen, von China oktroyierten Sicherheitsgesetzes. Das grösste Gewicht im Index haben Unternehmen des Finanzsektors (32 %), gefolgt von Industrieunternehmen (16 %).
Die Spitzenperformance seit Jahresbeginn bleibt insgesamt erstaunlich und wohl künftig kaum wiederholbar. Zwar legte die Wirtschaft im zweiten Quartal wieder unerwartet deutlich um 3% im Vergleich zum Vorjahr zu – nach einem Minus von fast 7% im 1. Quartal. Doch die wieder angelaufene Produktion wurde meist staatlich via Infrastrukturmassnahmen initiiert und ist noch nicht vom breiten Konsum resp. Export abgestützt. In den BIP-Daten schnellten denn auch deren Komponente «Lageraufbau» massiv nach oben in der Hoffnung einer künftig wieder stärkeren Nachfrage. Daneben besteht konkret für China die Gefahr, dass die gegenwärtige Krise mittel- und langfristig dazu führen könnte, dass lange Lieferketten als zu hohes Geschäftsrisiko betrachtet werden, was zu Produktionsverlagerungen aus China in andere Länder führen könnte. Einen weiteren Standortnachteil für die chinesische Wirtschaft stellt der Handelskonflikt mit den USA dar, der trotz der Einigung auf das „Phase-1-Abkommen“ nicht gelöst ist – und zwar egal wie die US-Präsidentschaftswahlen ausgehen werden. Denn auch die Demokraten setzen auf einen harten Kurs gegenüber China. Es droht zumindest in strategisch sensiblen Bereichen eine Regionalisierung des Welthandels, wenn wie im Falle Huaweis global agierende Unternehmen nicht mehr gleichzeitig mit den USA und China Geschäfte machen können. Die chinesische Regierung wird daher in den kommenden Quartalen verstärkt auf geld- und fiskalpolitische Massnahmen setzen müssen, um die Konjunktur zu stimulieren. Angesichts des enormen Verschuldungsanstiegs des letzten Jahrzehnts wird das Programm vom Umfang allerdings deutlich hinter demjenigen zurückbleiben müssen, das 2008/09 aufgelegt worden war und ein Ausmass von rund 13% am BIP umfasste. Die Wirtschaftswachstumsraten Chinas und damit auch das Gewinnwachstum seiner Unternehmen dürften im Trend ohnehin strukturell weiter sinken. Mit und nach der Corona-Krise dürften die Wachstums- und Gewinnentwicklung zumindest in den kommenden Jahren noch dazu verstärkte Schwankungen aufweisen, was sich auch in der Bewertung seines Aktienmarktes niederschlagen wird. Immerhin werden die bestehenden Kapitalverkehrskontrollen verhindern, dass die Unsicherheit zu einem deutlichen Anstieg der Kapitalabflüsse führt. Zudem: Die Corona-Krise hat zwar zu einem weiteren, deutlichen Schuldenanstieg bei Staat und Unternehmen in China geführt, aufgrund der geringen Abhängigkeit von Auslandskapital kann jedoch die Regierung über die Zentralbank und das staatliche Bankensystem die Risiken für das Finanzsystem unter Kontrolle halten.