ASSETCO MANAGEMENT AG
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Neues Jahrzehnt: Neues Regime auch bei der Vermögensanlage 8.12.2019 ___________________________________________________________________________________________________________________________________________
Nach einem Jahrzehnt unkonventioneller Geldpolitik und einem Regime von Negativzinsen rückt eine grundlegende Veränderung bei der Vermögensallokation mehr und mehr ins Bewusstsein der Anleger: Im neuen Anlagejahrzehnt wird das kalkulierbare, sichere Element im Gesamtertrag des Portfolios, nämlich der Kupon festverzinslicher Anleihen, immer weiter zurückkommen. Je nach Anleihesegment ist dieses sichere Element sogar bereits heute nicht mehr vorhanden: So sind heute nicht nur erstklassige Staatsanleihen, sondern sogar 60% resp. 65% der spanischen bzw. portugiesischen Staatsanleihen mit einem negativen Zins ausgestattet; selbst italienische werfen zu 35% keinen positiven Coupon mehr ab! In der Schweiz liegt die Rendite von Eidgenossen mit einer Laufzeit von bis zu 45 Jahren Restlaufzeit (!) im negativen Bereich; von deutschen Bundesanleihen bis zu einer 30-jährigen Laufzeit. Damit wird, unabhängig von der zukünftigen Zinsbewegung, die Anlageklasse der Renten im neuen Anlagejahrzehnt deutlich spekulativer. Denn der einzige Sinn in negativ rentierende, vermeintlich «sichere» Anleihen aus Ertragsgesichtspunkten noch zu investieren, sind erwartete Kursgewinne durch weiter fallende Zinsen.
Allerdings sind bereits heute - im auslaufenden Jahrzehnt - die Kurse von Anleihen rekordhoch. Je höher die Kurse klettern resp. der Zins sinkt, desto rascher kann auch eine Gegenbewegung erfolgen: So kletterte etwa die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen seit ihrem Allzeittief Ende August 2019 von –0,7% bis heute auf immerhin –0,3%, womit erhebliche Kursverluste einhergingen. Dabei gilt grundsätzlich: Je höher die Duration, desto ausgeprägter sind die Kursschwankungen und damit auch der spekulative Charakter der Anleihe.
Die veränderten Charakteristika der Anleihemärkte werden sich auf die Portfoliokonstruktion auswirken. Durch die wegfallende stabilisierende Ertragskomponente der Kupons und folglich die fehlenden Ausgleichseffekte von Renten im Portfolio, können Schwankungen des Aktienmarktes nicht mehr in dem Ausmaß wie es in der Vergangenheit der Fall war ausgleichen werden. Die Folgen auf Gesamtportfolioebene werden eine höhere Volatilität bei niedrigeren Renditen als im letzten Jahrzehnt sein.
Denn nicht nur das Anleihesegment, sondern auch Aktien werden wohl kaum mehr so viel Rendite abwerfen wie in den letzten zehn Jahren. Neben der ausgereizten Geldpolitik, deren stimulierende Effekte auf die Aktienbörsen schwindet, liegt dies insbesondere am Fortgang der Wachstumsschwäche in den 2020er Jahren. Das weiterhin lediglich niedrige weltwirtschaftliche Wachstum wird dabei mehr und mehr auch von demografischen Entwicklungen beeinträchtigt, ergänzt zumindest in den ersten Jahren durch spürbar zunehmende Umweltauflagen und anhaltende Deglobalisierungs-Tendenzen. Der Höhepunkt der Globalisierung und der damit von den Unternehmen vereinnahmten Globalisierungsgewinne ist bereits heute klar überschritten. Den Unternehmen wird es in diesem Umfeld nicht mehr gelingen, ihre Margen auszuweiten. Zwar werden mehr und mehr fiskalpolitische Stimuli die ausgereizte Geldpolitik ablösen und so für nominales Wachstum sorgen. Allerdings werden sich die fiskalpolitischen Impulse weniger vorteilhaft auf die Profitabilitätssituation der Unternehmen auswirken, als dies durch die Globalisierungseffekte oder die Impulse der Geldpolitik der Fall war. Damit ist in den 2020er Jahren mit einer gemäßigteren Dynamik auch bei der Gewinnentwicklung der Unternehmen zu rechnen. Dennoch haben Aktien in den 2020er Jahren ganz entscheidende Vorteile gegenüber anderen Anlageklassen:
1) sie diskontieren zukünftig zu erwartende Erträge bereits heute mit einer sehr hohen Risikoprämie. Oder anders ausgedrückt: Relativ zu anderen Anlageklassen sind Aktien extrem günstig bewertet!
2) selbst bei lediglich stagnierendem Wachstum fließt dem Anleger, bei Beibehaltung der aktuellen Ausschüttungsquoten, ein regelmäßiger ordentlicher Ertrag in Form der Dividende zu.
3) Aktien partizipieren langfristig an der fundamentalen Entwicklung der Realwirtschaft und diese ist - selbst bei dem für die 2020er Jahre erwarteten schwachen Wachstumstempo - positiv. Für Aktien ergibt sich somit ein Gesamtertrag, der sich zum einen aus der Dividendenrendite und zum anderen aus Kurszuwächsen in Höhe des nominal zu erwartenden Wachstums zusammensetzt. Hinzu kämen Aspekte einer möglichen Bewertungsausweitung oder Aktienrückkäufe mit entsprechend zusätzlicher positiver Wirkung auf die Kurse.
Breite Anlegerkreise, etwa Pensionskassen, werden allerdings auch künftig gezwungen sein, einen (Gross-)Teil in «sichere» Anleihen zu investieren, trotz ihres spekulativen Charakters und der überaus hohen Bewertung von Anleihen. Bei seiner eigenen Portfolioauswahl gilt es umso mehr zu beachten: 1) Den Rentenanteil im Depot stark zu reduzieren; 2) Bei Anleihen keine langen Durationen zu wählen; 3) sich auf Anleihen zu fokussieren, die überhaupt einen Portfolioschutz bei Aktienkursverlusten bieten, namentlich US-Treasuries. Schwellenländer-Anleihen, die auch heute noch positive Kupons aufweisen, sind hingegen zur Diversifikation weniger geeignet, da sie meist positiv mit den Aktienmärkten korreliert sind.