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Historische OPEC-Kürzung, aber keine Preiserholung 17.04.2020
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Angesichts des beispiellosen weltweiten Nachfrageeinbruchs und damit verbundenen Preiskollaps bei Öl hat sich die OPEC+ nach zähem Ringen letztlich auf Förderkürzungen von fast 10 Mio Fass/Tag verständigt. Diese im Ausmass einmalige Kürzung für Mai und Juni entspricht ungefähr dem gesamten Fördervolumen eines der drei grössten Energielieferanten (USA, Saudi Arabien, Russland). Für das 2. Halbjahr betragen die beabsichtigten Kürzungen 7.6 Mio. Fass/Tag. Angesichts überlaufender Lager beteiligen sich die USA, Kanada und Brasilien mit 3.7 Mio Fass/Tag am Kürzungsvolumen. Trotz dieser gewaltigen Kürzungsabsichten gelang dem Ölpreis keine Erholung.
Denn nicht nur, dass erfahrungsgemäss eine rigorose Umsetzung der Förderkürzungen kaum gelingt, auch betragen die avisierten Kürzungen der OPEC+ nur 8.6 Mio. Fass/Tag, wenn man die tatsächliche Produktion im 1. Quartal 2020 zugrunde legt und nicht das wesentlich höhere Niveau vom Oktober 2018, wodurch insbesondere die Golfstaaten ein höheres Ausgangsniveau erhalten. Auch werden unfreiwillige Kürzungen anderer Länder wie Iran, Venezuela oder Libyen mit eingerechnet, die gar nicht Teil der OPEC+ sind. Aber selbst bei dieser OPEC-«Rechnungsweise» werden die weltweit geplanten Kürzungen lange nicht ausreichen, den Angebotsüberschuss am Ölmarkt abzubauen, der sich alleine im April auf 20-30 Mio. Fass/Tag belaufen dürfte (und damit fast das Dreifache der beabsichtigten Kürzungen) und im zweiten Quartal im Durchschnitt auf mindestens 15-20 Mio. Fass/Tag. Eine nachhaltige Erholung des Ölpreises ist damit bis auf Weiteres nicht in Sicht – zumal der Preiskrieg der Ölproduzenten in eine neue Runde gehen dürfte. So versprach etwa Saudi Arabien seinen Ölabnehmern rekordhohe Rabatte und Abschläge kurz nach dem erzielten Kürzungsbeschluss: Die europäischen Kunden können sich weiterhin über einen massiven Rabatt von 10.25 USD je Fass freuen. Die asiatischen Kunden erhalten von Saudi Arabien sogar einen rekordhohen Abschlag von 7.3 USD. Nicht nur die anderen Golfstaaten dürften dem Beispiel Saudi Arabiens folgen. Damit liegt der eigentliche Ölpreis für einen Grossteil der Lieferungen schon jetzt deutlich tiefer als die derzeitigen rund 28 USD (Fass Brent) - und zwar so tief wie seit fast 20 Jahren nicht mehr.
Immerhin werden die ausgeschöpften Lagerkapazitäten in den nächsten Wochen und Monaten zu Zwangsstilllegungen von Ölfeldern führen. In den USA sind diese schon angelaufen. Gemäss Internationaler Energieagentur wird die US-Schieferölproduktion im April um rund 200 Tsd Fass/Tag auf 8.6 Mio Fass/Tag sinken. Dies ist der stärkste jemals verzeichnete Monatsrückgang. Durch unrentable Förderung und Stilllegungen sowie (wenngleich nicht zu 100%) realisierte Kürzungen dürfte das Ölangebot sukzessive im 2. Halbjahr zurückgehen. Sollte sich gleichzeitig die globale Nachfrage erholen, wird schliesslich ein tendenzieller Lagerabbau einsetzen. Die Preise erhalten dadurch ein gewisses, allerdings nur begrenztes Erholungspotenzial. Ende des Jahres dürften die Ölpreise weit unter 40 USD/Fass (Brent) liegen.